Fata Morgana 5 / 5 Sterne Anbieter: Kinowelt Je mehr sich die hervorragende Werkausgabe Werner Herzogs bei Kinowelt rundet, um so deutlicher werden die enormen Stärken dieses Filmemachers in der essayistischen Verarbeitung dokumentarischen Materials. Als er sich während der Dreharbeiten zu AUCH ZWERGE HABEN KLEIN ANGEFANGEN (bei Kinowelt in Vorbereitung) auf der Vuklkaninsel Lanzarote aufhielt, entstanden dort die wesentliche Bilder verödeter Landstriche für den vergleichsweise abstrakteren Film FATA MORGANA. Weitere Drehorte waren die Sahara, vor allem die algerische Wüste. Mit FATA MORGANA liegt nun ein direkter Vorläufer des ebenfalls zivilisationskritischen Kaleidoskops KOYAANISQATSI (1983) von Godfrey Reggio vor. Herzog gliedert den Film in 1. Schöpfung, 2. Das Paradies und 3. das goldene Zeitalter, wozu er wiederholt Texte aus dem mythischen Buch der Mayas, dem "Popol Vuh", vortragen lässt (u.a. von der von ihm verehrten Filmhistorikerin Lotte Eisner). Diese Titel können durchaus ironisch verstanden werden, künden die montierten Bilder doch eher von Zusammebruch, Verfall, verwüstung und Elend. Neben langen, poetischen Fahrten stehen kurze Posen oder Statements kurioser Persönlichkeiten, von Wüstenbewohnern und Aussteigern... Auf dem Soundtrack hören wir assoziative Texte und vor allem unterschiedliche Musik, allem voran drei Lieder von Leonard Cohen ("That's no way to say goodbye", "Susanne" und "So long, Marianne"), die eine eigenartige Melancholis beschwören. Im letzten Teil sehen wir deprimierende Bilder aus einem Bordell auf Lanzarote, wobei hier der Kommentar Herzogs wichtig wird, etwa wenn er erklärt, die hier auftretenden Bühnenmusiker seien die Bordellchefin und der Zuhälter, der die Dreharbeiten gelegentlich unterbracht, um im Etablissement für "Ordnung" zu sorgen... Überhaupt ist die Kommentarspur hier vor großem Wert, erklärt Herzog doch, wo genau die jeweiligen Aufnahmen entstanden sind, wer sich hinter den gezeigten Leuten verbirgt bzw. dass er selbst nicht wüsste, was genau diese Leute erzählen. Er bemerkt zudem, dass dieser Film in LEKTIONEN IN FINSTERNIS (1992) seine Fortsetzung gefunden habe. Ein weiterer Höhepunkt der DVD ist der 45-minütige Reportagefilm DIE GROSSE EXTASE DES BILDSCHNITZERS STEINER (1974), in dem Herzog einen rekordträchtigen Schweizer Skiflieger begleitet. Hier tritt einmal mehr die "Eroberung des Nutzlosen" in den Mittelpunkt, als der Sportler seinem Traum vom Fliegen immer näher kommen möchte, indem er immer weiter springt. Verheerende Stürze werden einmontiert, aber auch meditative, lange Zeitlupenbilder des entfesselten, dahingleitenden Körpers. Viele werden diese uneingeschränkt lobenswerte Veröffentlichung übersehen, da diese Filme lange nicht mehr zu sehen waren, doch man kann problemlos davon ausgehen, dass hier zwei der emblematischsten Filme Werner Herzogs verfügbar werden: aufregende, 'magische' Essayfilme, die lange nachwirken. Daher auch die volle Bewertung - es gehört schon Mut dazu, eine solche konsequente Werkeditionen auch mit der sorgfältigen Publikation kleinerer Werke zu küren. Marcus Stiglegger
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