COLD MEAT INDUSTRY 2008

Raison d'être

The Luminous Experience

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(CMI 2008) CD Digipak 9 Tracks

Seit über 15 Jahren bewegt Peter Andersson mit seinem audiophilosophischen Projekt Raison d'être die Darkambientszene. Von anfangs sakralen Soundscapes hat er sich mittlerweile zum Verreiter des Organic Ambient entwickelt, eine Tendenz, die vor allem auf seinen improvisierten Liveauftritten zur Geltung kommt. Oft sucht er sich die Objekte, mit denen er seine Sounds erzeugt, erst am Tag des Auftrittes zusammen und koppelt spontane Elemente mit Backingflächen. Daraus entsteht eine in jedem Fall einzigartige, meditative Erfahrung für den Zuhörer.

"The Luminous Experience" ist ein solches Livedokument, und obwohl sich Elemente der letzten beiden Alben hier finden, kann man das so modifizierte und erweiterte Werk als eigenständiges Album begreifen. So liegt das Konzept auch nicht auf einer inhaltlichen Vorgabe, sondern ist im Titel gegeben: Es geht um eine transzendentale Klangerfahrung. Die pantheistisch visionäre Covergestaltung bietet eine gelungene Projektionsfläche für spirituelle Reisen.

"The Luminous Experience" kann von Sound, Gestaltung und Inhalt mühelos als eigenständiges Album bestehen, so kann der Hinweis auf die Live-Quelle nur als Echtheitszertifikat verstanden werden. Für Fans der weltanschualich motivierten Ambientmusik ist dieses ruhige Album ein Genuss.

:ms:

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Medusa's Spell

Last X Hours

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(CMI 2008) CD 10 Tracks

Hexen sind ein beliebtes Gothic-Topoi. Das Interesse entspringt dabei antiklerikalen Ressentiments: Die Hexenverbrennungen sind ein schlagkräftiger Beweise für die Verfehlungen der kirchlichen Institutionen, deren grausame Folterungen sich in der Popkultur nicht zuletzt in den Exploitation-Hexenfilme der 1960er wie Witchfinders General oder Blood on Satan’s Claw niederschlugen. In der Gothic-Musikszene finden sich zudem etliche Verweise auf die Hexenverfolgungen, besonders heidnisch geprägte Formationen wie Inkubus Sukkubus prangerten immer gerne die dunklen Kapitel der institutionellen Religionen an. So nimmt sich auch die aus dem katholischen Italien stammende Formation Medusa’s Spell dem Thema Hexen an: Auf Last X Hours geht es um die letzten zehn Stunden einer wegen Hexerei verurteilten Frau kurz vor ihrer Hinrichtung. Erzählt wird dabei von Folter, Grausamkeiten und letztendlich auch der Einsamkeit, Verzweiflung und Machtlosigkeit. Medusas Spell bleiben in den Texten allerdings zu diffus, um dieser Geschichte tatsächlich Substanz zu geben, die Texte eröffnen nur ein sehr eingeschränktes Blickfeld auf dieses Konzept und auch das Booklet hüllt sich in Schweigen.

Musikalisch bietet das Duo wie schon auf ihrem ersten Album eine nicht immer ganz geschickt ausgeführt Mischung aus Ambient und Folk, bleibt oft auf einer einzigen Idee pro Stück hängen und bietet so wenig Variationen innerhalb eines Songs. Dafür gibt es interessante Soundscapes und eine männliche Stimme, die angenehm an Leonard Cohen erinnert. Insgesamt auf jeden Fall eine Steigerung zum noch unausgegorenen Debüt, man hätte sich aber gefreut, wenn das ambitionierte Konzept deutlicher zu Tage treten würde.

Martin Kreischer

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V.A.

V:28 - Total Reconstruction

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(CMI 2008) CD 12 Tracks

Die Sammlung „Total Reconstruction“ stemmt sich gegen die Klischees. Sind Remix-Alben meist geprägt vom simplen Rearrangieren oder einfachem Unterlegen der Originale mit stupidem Gestampfe, so ist „Total Reconstruction“ tatsächlich angefüllt von eigenständigen Neuinterpretationen – nicht ganz zu unrecht findet sich im Titel ein leichter Anklang an das hervorragende Fear Factor-Remix-Album Remanufacture. V:28 sind bislang eine eher unscheinbare Formation aus dem Red Harvest-Umfeld, die sich klanglich nicht weit von diesem Vorbild angesiedelt hat: Post-Metal an den Verzweigungen zwischen Ambient und Elektro ist das Metier von V:28. Der kalte, elektronische Sound von eben Red Harvest oder den grandiosen Thorns findet sich auch auf „Total Reconstruction“ wieder, wird allerdings durch die einzelnen Partizipanten über die eigentliche Originale hinaus aufgewertet: Alles wird orchestraler, ambienter, die Gitarren treten in den Hintergrund und sind nunmehr Klangelement, sie verlieren ihre Dominanz. Dadurch entsteht besonders in den Händen von des Esseintes (ebenfalls unter dem Namen The Protagonist tätig) etwas genuin Eigenständiges, mit einer dunkel symphonischen Note. Extrem apokalyptisch wird die Neuinterpetation von „Solid Structure“ durch Shinjuku Thief / EPA. Ebenfalls hörenswert ist der Opener, der von Nordvargr mehr in die Thoroid-Richtung des norwegischen Lärmexperten gelenkt wird. Nicht ganz mithalten können die beiden abschließenden Cover-Songs durch V:28 selbst, im Original von The Swans und Bleak. Dennoch ein interessantes Werk, dass durch den CMI-Touch ein ganz eigene Vision des Dark Metals von V:28 wirft und hoffentlich für die Formation selbst Inspirationen breit hält.

Martin Kreischer

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Passione Nera

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Research EP

(Cold Meat Industry) CD, 4 Tracks

Es ist ein sehr kurze und wenig prägnante Premiere. Die Italienier Passione Nera orientieren sich mit ihren drei Stücken sehr eng an den Vorgaben der Landsmänner Spiritual Front. Deren Kopf Simone Salvatori darf zudem mitsingen, was den Eindruck des Plagiats noch verstärkt. Es fehlt Passione Nera die Fähigkeit, süßliche Pop-Hymnen mit garstigem Untertönen zu fabrizieren wie es das große Vorbild so gekonnt auf „Armageddon Gigolo“ vorgemacht hat. Die drei Stücke sind auf „Research“ sind gefällig, aber zu blass und unauffällig, um bereits aus dem Schatten von Spiritual Front herauszutreten. Dennoch schöner Italo-Pop mit Wachstumspotential an der Grenze zum NeoFolk mit einer herrlich entspannten Misfits-Coverversion von Return of the Fly.

Martin Kreischer

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Brighter Death Now

Necrose Evangelicum

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(CMI 2008) 2CD 11 Tracks plus Bonus

In großartigem goldgeprägtem Digipak liegt die lange erwartete Wiederauflage des legendären Death-Industrial-Albums von 1995 inklusive einer Bonus-Live-CD (Finnland 1996) vor. Labelchef Roger Karmanik hat sich eine Deluxe-Edition gegönnt, die vor allem das Covergemälde von Bernt Francke erheblich besser zur Geltung bringt als auf der ersten Version.

Wer neuere Bright-Death-Now-Alben kennt, wird vermutlich erstaunt sein über den düster-dronigen Duktus dieses Werkes, das auf Track 6 u.a. auf melodiösen Keyboards von Mortiis aufbaut. Hier meint Death Industrial wirklich die morbide Ästhetik der Vergänglichkeit, ein haltloses Versinken im Gothic-Modus.

Das Album entwickelt sich langsam und vergleichsweise dezent, nah am Darkambient unserer Tage. Die erstmals verfügbare Quasi-Liveaufnahme aus Finnland (1996) fügt sich gut in das Gesamtbild ein (auch qualitativ). Die gute Studio-Qualität der Aufnahme mag an dem Umstand liegen, dass es sich hierbei um die Probe für ein letztlich abgesagtes Konzert handelte...

'Necrose Evangelicum' ist ein Klassiker des schwedischen Death Industrial und des CMI-Labels zugleich. Wer das Album noch nicht hat, sollte es sich unbedingt zulegen - ein faszinierendes Dokument einer nachschwarz-abgründigen Künstlerseele.

MaNic

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Vestigial

Translucent Communion

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(CMI 2008) CD 6 Tracks

Nach der Debüt-CDr und einer Split-LP mit Penjaga Insaff liegt mit 'Translucent Communion' der erste Longplayer des italienischen Einmann-Projekts vor. Der edel gestaltete und geprägte Digipak mit Matt- und Glanzlackierungen lässt auf ein großes Interesse des Labels schließen. Und tatsächlich hat man sich mit Vestigial ein ebenso vielvesrprechendes wie technisch virtuoses Darkambient/Ritualprojekt an Bord geholt, das einiges Aufsehen erregen dürfte.

In physisch wahrnehmbarem Grollen entfalten sich die teils ambienten und teils rituellperkussiven Tracks, glasklare Schiftsounds bewegen sich im Hörraum und garantieren ein visionäres Hörerlebnis. Man hatte kosmische Modelle vor Augen (die Titel lassen darauf schließen), doch die Musik bleibt einigermaßen abstrakt, wenn sie nicht gar an atmosphärisch-treibende Soundtrackpassagen erinnert.

Nun, das kommt einem manchmal sehr bekannt vor, denn schon die erste MCD schielte stark in Richtung Inade und Herbst9, ließ auch das Mastering von dem Hausmischer des Lokilabels vornehmen, um sich bei diesem Ambient-Kultlabel zu empfehlen. Das klappte auch, denn schon die zweite Veröffentlichung erschien dort und konnte sich an die Seite der etablierten Deep-Space-Droner stellen. Man erwartete also den ersten Longplayer aus dem Hause Loki, um plötzlich von Cold Meat Industry die Nachricht zu bekommen: Vestigial ist der Neuerwerb. Inzwischen war der Italiener auf MySpace äußerst aktiv und hatte sich eine erstaunliche Bekanntheit gesichert.

Das soll nicht heißen, dass die Klangintensität des Albums dadurch geschmältert wird oder Vestigial bei CMI nicht hervorragend aufgehoben ist. Man vermeint aber ein etwas szene-untypisches Kalkül hinter diesen Schachzügen zu vermuten. Sagt dem Mann doch mal, dass mit Darkambient noch niemand reich geworden ist...

:ms:

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Rome

Masse Mensch Material

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(Cold Meat Industry 2008) CD 12 Tracks

Innerhalb von nur zwei Jahren hat sich die Luxemburger Neofolk-Formation Rome mit vier Veröffentlichungen zu einem der beliebtestens Labelacts und zugleich der apokalyptischen Folkszene insgesamt entwickelt. dasmag an den deutlich Wave-inspirierten Melodien liegen, an den meist stilvollen und inspirierenden Artworks und den durchaus niveauvollen Interviews, die man seit dem lesen konnte.

"Masse Mensch Material" schöpft seine thematischen bezüge deutlich aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, naemntlich aus dem deutschen Expressionismus, dem die deutschen Titel der fast durchweg englischsprachigen Lieder zu verdanken sind". Von Album zu Album hat man Melodieführung und Gesang perfektioniert, und JeROMEs Stimme erklingt nun mitunter mehrfach in differenzierter Modulation. Höhepunkt des Albums ist "Die Nelke", ein bombastischer Folksong, der deutlich an Death in Junes "Little Black Angel" anknüpft. Was nicht heißen soll, dass Rome keinen eigenen Stil erarbeitet haben, denn noch immer kommen auch ambiente und martialische Motive zum Tragen. Interessant ist die eher schauspielerische Deklamation von "Wir Moorsoldaten", das hier zwischen Melancholie und Wahnsinn erklingt.

Wer Rome live erlebt hat - meist zusammen mit der dänischen Formation Die Weiße Rose, wird jedoch erstaunt sein, wie sehr Rome tatsächlich in gängige Military Pop-Klischees passen. Bildcollagen aus dem Ersten Weltkrieg und martialische Slogans ("Wir sterben stehend zwischen den Stühlen"), stoische Posen und versteinerte Mine künden hier von einem reaktionären Widerstandsgestus, der letztlich bereits in den Texten Ausdruck findet, gepaart mit einem kulturpessimistischen Nihilismus: "When we should be weeping with rage / Or at least be rattling our chains / Look at us now - we are over". So wird auch deutlich, wie Rome zu der deutlich konservativen Auslegung der Weißen Rose passt: Man beschwört den Gestus der verlorenen Generation zwischen den Kriegen als Medium der Identifikation.

So kann Rome letztlich zusammen mit den Franzosen Dernière Volonté tatsächlich als Military Pop gelten: martialische Botschaft und einschmeichelnde Popmusik verschmelzen zu einer irritierenden Antithese zur gängigen Geste populärer Musik. Und das Konzept geht zweifellos auf. "Masse Mensch Material" ist ein betörendes, geradezu verführerisches Genrealbum.

MaNic

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Beyond Sensory Experience

No Lights in Our Eyes

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(Cold Meat Industry 2008) CD 10 Tracks

Nach Foundation Hope (siehe unten) erscheint auch von BSE ein neues Album, das den führenden Status des Cold Meat Labels im bereich Darkambient belegt: "No Lights in Our Eyes" ist ein extrem düsteres, und doch melodiöses Album vertonter Finsternis - sehr ähnlich den Veröffentlichungen des Cyclic Law Labels. Geziert von einem Artwork dräuender Wolkenteppiche bleibt dennoch Schwarz die dominante Farbe. Die dronebasierte Musik dagegen weist ihre lichten Tupfer auf: langsame, melancholische Klavierharmonien, geheimnisvolle Stimmen, ein Seufzen fast.

Nachdem der Frühling wirklich auf sich warten lässt, mag dieses Album angemessener Ausdruck innerer Verzweiflung sein. Oder vielleicht eher manischer Depression, denn es schwankt zwischen völliger Leere und faszinierenden orchestralen Passagen, die eine Ahnung des Lebens verkünden. Für Fans des Genres ein Genuss - visuell und musikalisch.

maNic

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Dawn & Dusk Entwined

Septentrion

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(Cold Meat Industry 2007) CD 5 Tracks

Das französischen Ein-Mann-Projekt Dawn & Dusk Entwined existiert bereits seit über zehn Jahren. Nach ersten ambienten Gehversuchen auf World Serpent konnte man mit zwei Veröffentlichungen auf dem renommierten Athanor-Label einen prägnanten Military-Ritual-Stil entwickeln, der ein zusehends größeres Publikum erschloss.

Getragene Marschrythmen, elegische Flächen, ein melancholischer Gesang und starker Soundtrackcharakter wurden zum Signum einer Formation, die seit Jahren in den Startlöchern zu verharren scheint, um die Welt endgültig von ihrer Qualität zu überzeugen.

Mit dem Schritt zu CMI ist ein erster Impuls gegeben, doch Septentrion, ein Konzeptalbum über die nordische Mythenwelt, wirkt eher wie ein dezenter Vorgeschmack: In vier sehr langen und abwechslungsreichen Stücken werden alle Facetten ausgespielt, doch wirklichen Liedcharakter bekommen nur Track 1 und 4, deren eingängiger Charakter durchaus Vergleiche mit Dead Can Dance anstrebt. Die ambient-rituellen restlichen Teile überraschen gelegentlich mit folkigen und martialischen Ausbrüchen, wahren aber den Filmmusik-Charakter.

Zukünftig hat man große Pläne: im Frühjahr soll gemeinsam mit :Golgatha: (MCD „Icarus“ auf :Ikonen: media) ein monumentales Album zum Gralsmythos herauskommen, und danach ist ein großes neoklassisches Songalbum geplant, das Dawn & Dusk Entwined den endgültigen Durchbruch bescheren könnte. Doch das bleibt gespannt abzuwarten...

MaNic

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Foundation Hope

Tunes for the Wounded

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(Cold Meat 2008) CD 12 Tracks

Foundation Hope ist einer jener eher experimentellen Bands, die beweisen, dass das Cold Meat Label ungeachtet seiner anhaltenden Popularität in Gothic- und Industrialkreisen noch immer das Interesse an anspruchsvollen und risikoreichen Projekten bewahrt hat. Foundation Hope weisen zunächst einmal nichts auf, was bei einem größeren Publikum punkten könnte: sie haben keine tanzbaren Rhythmen, keine einschmeichelnden Akustikgitarren, keine sphärischen Keyboardflächen, keine aggressiven Vocals. Ihre Musik ist weder meditativ noch aufpeitschend, weder unterhaltsam noch erkennbar ideologisch. Kurz: Foundation Hope sitzen zwischen den Stühlen. Und doch wage ich zu sagen, dass dieses Album äußerst gelungen ist.

Man hält einen ungewöhnlichen Hochkant-Digipak in deprimierender monochromer Gestaltung in Händen, der keinen Zweifel offen lässt: Hier geht es um abgründigste Gefühle. Musik für seelisch Verwundete eben. Mit einem Schopenhauer-Zitat obendrein...

Prototypisch erscheint hier Track 2 "Hope deferred makes the heart sick": ein Arrangement aus Fetzen – etwas Noise, an- und abschwellende Sphären, gelegentliche Choräle, eine fatalistische Männerstimme, digitale Störgeräusche. In gewisser Weise ist das Ambientmusik, jedoch von der befremdlichsten Art. Keines der Elemente bietet dem Hörer komfortablen Halt, Ruhe kann unvermittelt in Sturm umschlagen, Crescendo kann plötzlich verstummen. Elegische Flächen und sägender digitaler Noise, grollende Drones und geisterhafte Stimmen kehren immer wieder und bilden eine jenseitige Sinfonie, die in verhallte, digital verknisterte Klavierakkorde mündet...

Foundation Hope entziehen sich mit ihrem zweiten mutigen Album allen Genres und wagen ein zutiefst persönliches Statement, das weniger gefallen, als herausfordern möchte. Höre ich jemanden Nurse With Wound sagen? Interessant und für experimentierfreudige HörerInnen einen Kauf wert.

:ms:

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Deutsch Nepal

Dystopian Partycollection

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(Cold Meat 2008) CD 11 Tracks

Man muss es klar sagen: „Eroticon“ war kein Meisterwerk, und man kann froh sein, dass Deutsch Nepals grandios-rituelles Debüt „Deflagration of Hell“ wieder erhältlich ist, damit man den Kultstatus dieses Einmann-Projektes nachvollziehen kann.

Bereits das Cover gesteht, dass diese „Dystopian Partycollection“ keine wirkliche Albenqualität besitzt, denn letztlich handelt es sich um eine zwangsweise willkürliche Zusammenstellung von Compilationtracks der letzten Jahre. Und dass heißt ja zunächst einmal nichts Schlechtes, denn einige dieser Stücke haben durchaus eine eigenständige Qualität. So kann man den Opener mit sakraler Orgel und monotonen Rhythmen schon als programatisches Highlight sehen. Track 2 entstammt dann der „Heilige Feuer“-Compilation und ist bereits von Liveauftritten bekannt. Und so klingt er auch: rauh, improvisiert, absolut schräg gesungen, flach gemischt. Track 3 ist zunächst so chaotisch, dass nur der monoton-krachige Rhythmus wie eine Erlösung erscheint. Track 4 lebt wieder vom gurgeligen Sprechgesang. Track 5 erinnert wieder an eine improvisierte Liveaufnahme. So setzt sich das fort: Unberechenbar und doch typisch für ein Musikprojekt in der Krise – so will es scheinen. Irgendwo treibend zwischen Darkambient, Ritualmusik und Power Electronics. Erwähnt sei noch der melancholische soundtrackartige Ausklang...

Die Covergestaltung ergänzt sich auf bizarre Weise: Männlichkeitssymbole auf kargem weißem Grund. Innen ein verwischtes Farbfoto von Lina Baby Doll. Hedonistische Linernotes. Das hat vermutlich genug Charme, um dem echten Deutsch Nepal-Fan zu gefallen, für Einsteiger seien die beiden ersten Alben dringend empfohlen. Und die sind noch heute wirklich prägend!

Ivan Kostor