XXL (Xiu Xiu + Larsen)

Düde

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Label: Tin Angels Records
Format: Vinyl, CD
Veröffentlichung: 2. Juli 2012

„Düde“ ist bereits das dritte Album des Kollaborations-Projekts XXL. Hinter dieser Abkürzung verbergen sich die amerikanische Experimental-Pop Formation Xiu Xiu um Sänger Jamie Stewart und die italienische Post-Rock-Experimental Gruppe Larsen. Obwohl diese Kombination durchaus das Potential zur veritablen Supergroup hat, wie auch der an die überdimensionierte Konfektionsgröße angelehnte Bandname suggeriert, gehen XXL mit großen Gesten eher sparsam um. Die Musik auf „Düde“ verzichtet auf bombastische Breaks, komplexe Arrangement oder dramatische Spannungsbögen und verbindet in fast schlichter Form das kompositorische Ambiente Larsens mit dem exaltierten Sound von Xiu Xiu.

Entstanden ist das Album in dem kurzen Zeitraum von zehn Tagen, in denen sowohl Komposition, Arrangement, und Aufnahme stattgefunden haben. Lediglich die tontechnische Nachbearbeitung, für die sich Jamie Stewart verantwortlich zeigt, liegt außerhalb dieses Zeitraums. Dass zeitliche Engpässe nicht nur Druck bedeuten müssen, sondern auch als positive Determinanten auf einen kreativen Prozess einwirken können, zeigt „Düde“ exemplarisch. Man merkt den Stücken ihren Fokus auf das wesentliche an: Komposition wie Sound haben eine direkte Anmutung, wirken ungeschönt und sind frei von jedem schmückenden Beiwerk. Trotz des enormen Instrumenten-Arsenals (Gitarre, Synths, Viola, Schlagzeug, Akkordeon, Theremin, Trompete etc.) sind die Stücke klar strukturiert und verlieren sich nicht im Unbestimmten.

Stilistisch liegt das Album in der Grauzone zwischen abstrakterem Experimental, frühen Pink Floyd, Can und treibenden Post-Punk-Rhythmen. Während das Stück „Disco Chrome“ – ganz seinem Namen verpflichtet – durch einen treibenden Beat bestimmt ist, besticht „Krampus“ durch eine späherischere Atmosphäre. In diesem Stück wird das ansonsten instrumentale Album durch eine Rezitation des Textes „Ghostbusters“ (aus dem gleichnamigen Film) in koreanischer Sprache um das Instrument Stimme angereichert. Kernstück des Werks ist das Stück „Oi! Düde!“, dessen pop-kulturelle Verweise im Titel („Oi!“ sowie der heavy-metal typische Umlaut „ü“) in der Komposition keinen Niederschlag gefunden haben. Stattdessen wird hier das Werk noch einmal zur Synthese gebracht: nach einem in Tonalität wie Rhythmik sehr freien Beginn, der irgendwo zwischen Neuer Musik und Free Jazz steht, wird das Stück durch einen stoischen Beat aufgefangen. Ohne Rücksicht auf Verluste wird dieser Rhythmus dann fast bis zum Ende des Stückes durchgehalten. Collagenartig werden darüber verschiedene Soundscapes angeordnet – auch das ein Charakteristikum der gesamten Platte.

„Düde“ ist ein interessantes Album. In kurzer Zeit komponiert und eingespielt, steht es als Momentaufnahme für eine kreative und sehr produktive Kollaboration. Xiu Xiu und Larsen haben damit ein Werk vorgelegt, das trotz seines experimentellen Grundtenors und seiner Jam-Atmosphäre nie den roten Faden zu verlieren droht. Der Fokus liegt auf Klang-Arrangements bzw. Collagen, die durch klare – ja sogar tanzbare Beats – in die Gestalt von Songs geformt werden. Bei allem Lob für diese Platte bleibt sie jedoch ein Werk für den Fan: Schattenseite eines Jams, bzw. der kurzen Arbeitszeit ist der Mangel an Eingängigkeit. Die Stücke sind sperrig, wirken (wenn auch in einem guten Sinne) an einigen Stellen irgendwie unfertig. Aber: Wer wissen möchte wie die frühen Pink Floyd 2012 klingen würden, sollte dem Album durchaus eine Chance geben.

Patrick Kilian