Verney 1826

Sacrow

(Shinto Records 2011) CD 12 Tracks

Auf dem Debütalbum 'Nebelland' sowie kürzlich auf den Compilations 'Thanateros - Visions of Love & Death' und 'Beyond the Mirror of Time' hat sich das Berliner Neoklassik-Projekt Verney 1826 als konsequenter Vertreter einer erfreulich altmodischen (und letztlich zeitlosen) Gothic-Ästhetik etabliert, die in Zeiten von Futurepop und 'Dark Techno' selten geworden ist. Der Musik von Verney 1826 haftet eine fast stoische Ernsthaftigkeit an, die sich auch in der visuellen Gestaltung und Thematik reflektiert.

Benannt ist das neue Album nach der Kirche von Sacrow bei Potsdam, die jahrelang zum Grenzland der DDR zählte und der Öffentlichkeit unzugänglich war. Symbolisch steht sie für all jene vergessenen Orte, die Opfer von Diktatur und Willkürherrschaft wurden. Und mit ihnen ihre Bewohner. Das Thema Diktatur durchzieht das gesamte Album, sei es in Form von Samples ('Fahnenappell') oder Klagegesang ('Anne').

Insgesamt setzt Meiko Richert seinen eigenwilligen Stil fort, der Ambient und orchestrale Neoklassik mit Elementen des Neofolk und des sakralen Ethereal Gothic verbindet. Für den weiblichen Gesang hat er sich mit Anna Aliena die Sängerin von ShirayasDream geholt, die in klassischem Mezzosopran vier der Stücke intoniert. Dabei bleibt ihr Gesang sehr im Rahmen der klassischen Musikverortet, was gängige Gothic-Klischees zugleich vermeidet wie auch einigen Hörern gewöhnungsbedürftig erscheinen könnte. Zum gewählten Thema passt die Präsentation zumindest.

Gerade weil Verney 1826 die gängigen Genremuster vermeidet oder ungewöhnlich mischt, ist die Band ungewöhnlich und fast anachronistisch. Es verwundert kaum, dass die Musik auf einem amerikanischen Label erscheint, ist doch in Deutschland offenbar kein Platz mehr für Innovation und Irritation.

MaNic