Matthias Fritsch / Martin Lindwedel / Thomas Schärtl

Wo nie zuvor ein Mensch gewesen ist
Science Fiction Filme

Verlag Friedrich Pustet 2002, ISBN 3-7917-1837-1, 162 Seiten

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In einer Buchreihe zur 'angewandten Philosophie und Theologie' erscheint eine der brauchbarsten und aufschlussreichsten Einleitungen in die philosophischen Hintergründe kommerzieller Science-Fiction-Filme und -Fernsehserien. Drei akademisch motivierte junge Autoren nehmen sich unterschiedlicher Aspekte dieses zunächst uferlosen Themas an, um es ebenso griffig wie einleuchtend zu verdichten. Wer den enormen Erfolg des Science Fictions-Films, eines der letzten funktionierenden Genres, an den Beispielen der STAR WARS-, STAR TREK- und ALIEN-Reihen verfolgt bzw. die MATRIX-Debatte in der Medienphilosophie beobachtet hat, wird die Relevanz und Überfälligkeit einer solchen Einführung kaum bestreiten. Und so streifen die Autoren zwar die geisteswissenschaftlichen Dimensionen von SOLARIS, 2001 oder BLADE RUNNER, konzentrieren sich jedoch auf die publikumswirksamsten Beispiele - jene Filme also, deren direkte Auswirkungen auf Denken und Phantasie des Publikums deutlich nachweisbar sind.

Ein erstes langes Kapitel bietet einen für jeden Filminteressierten gelungenen Einblick in die "Science Fiction im Wandel der Filmgeschichte". Spätere Themen werden hier bereits kurz erläutert, die wesentlichen Tendenzen bis hin zu Paranoia-Modellen der Nachkriegszeit und den virtuellen Welten der Gegenwart erläutert. Im Folgenden wird auf diesem historischen Grundriss eine mythologische Hermeneutik der Science Fiction ausgebreitet, die Oberflächen- und Tiefendeutung der Modelle verdeutlicht. SF wird zum "neuen Gewand des Mythos", Film schließlich zum "funktionalen Äquivalent von Religion".

Der zweite große Teil des Buches wirft philosophische und theologische Schlaglichter auf das Genre. Parallele Welten und die Frage nach dem "Geist" (in der Schale) werden untersucht, schließlich sogar die ethische Dimension der Science Fiction hinterfragt: Kann man als Zeitreisender in das Geschen eingreifen und die Zukunft verändern? Darf man das Leben fremder Kulturen manipulieren? Haben auch künstliche Wesen eigene Rechte? Am Ende steht - wie erwartet - der Rand des Universums: Die Suche nach Gott...

Der dritte und letzte Teil des Buches exemplifiziert die aufgerissenen Thesen anhand eingehender Betrachtungen (post-)moderner Science-Fiction-Filme: STAR WARS, ALIEN, MATRIX sowie der STAR TREK-Komplex. Besonders in der Analyse von MATRIX wird die Surrogatreligion, die dieser Virtual-Reality-Film entwirft, transparent und sogar in der präsentierten Erkenntnisdichte produktiv: ethische, emotionale und philosophische Grundfragen durchdringen einander in einer konsequenten Suche nach Sinn und Ursprung der Existenz. Deutlicher noch als in STAR WARS werden Prophezeiungen und Messianismus als mögliche Antwort auf die Krise des Sinnverlustes präsentiert.

Angesichts ihrer Fülle zutreffender Beobachtungen kommen die Autoren dieses Buches zu dem Schluss, im Science-Fiction-Film, den "modernen Mythen einer technisch-rationalen Welt", finde der Zuschauer tatsächlich eine Art Religionsersatz. Wie der klassische Mythos liefert SF durchaus didaktische Handlungsmuster und Interpretationszugänge zu einer auf den ersten Blick undurchschaubaren Welt, indem sie den Zuschauer mit Orten konfroniert, wo nur scheinbar "nie zuvor ein Mensch gewesen ist".

Marcus Stiglegger