Aleta-Amirée von Holzen

„A Pirate's Life for Me!“

Von The Black Pirate bis Pirates of the Carribean – Abenteuerkonzepte im Piratenfilm

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SSI Verlag: Zürich 2008, 336 S., mit Abb.

Nach 70 Seiten liest man mit Erstaunen, dass die vorliegende Studie zum Piratenfilm sich methodisch der qualitativen Inhaltsanalyse bedient. Warum wird ein Genre, das seit jeher von den Bildern, vom Spektakel, vom Schauwert lebt, mit diesem Ansatz untersucht, fragt sich der Leser? Abgesehen davon bedienen sich die drei ersten Kapitel über das Abenteuer, den Abenteurer und den Piraten eher nicht dieser Methode. Vielmehr werden interessante Ansätze filmfremder Disziplinen herangezogen, etwa Simmels Ausführungen zum Abenteuer wie auch Ansätze zum Merchant Adventurer. Hier finden sich gelungene Diskussionen kulturgeschichtlicher Diskurse.

Doch kaum hat der Leser über die Darlegung der Methodik hinweggelesen, wird er enntäuscht, weil sich die folgenden ca. 30 Seiten mit Piratenliteratur, nonfiktionaler und fiktionaler Art, beschäftigen. Interessant ist auch dieses Kapitel, aber langsam kommt dem Leser der Titel des Buches wie eine kleine Mogelpackung vor. Ab Seite 115 geht es dann endlich um Piratenfilme. Allerdings wird die Hochzeit des Genres in der Ära des klassischen Hollywoodkinos auf nur 30 Seiten behandelt. Gut, darauf wird schon zu Beginn hingewiesen, ausführlich behandelt würden Piratenfilme ab 1983. Da entschuldigt man auch schon mal den Fehler Sidney Salkow als Regisseur von The Crimson Pirate/Der rote Korsar (R: Robert Siodmak) anzugeben. Dann setzt aber eine erneute Ernüchterung ein. Denn in den Filmanalysen wird die eigentliche Methode deutlich. Es handelt sich tatsächlich um Inhaltsanalysen, aber vor allem in Sinne der Analyse von Handlungsverläufen und Figuren, wobei ausgiebig Dialoge zitiert werden. Ob Inhaltsanalyse damit gemeint ist, sei dahingestellt. Fest steht, dass man mit dieser Vorgehensweise einem Genre, das wie bereits erwähnt von Schauwerten und Action lebt, kaum gerecht werden kann. Auch der Erkenntnisgewinn ist allzu gering. Mit Bedauern stellt man dies vor allem in den Analysen der Pirates of the Carribean-Reihe fest. Zwar wird auf den Zitatcharakter und die Selbstreflexivität der Filme hingewiesen, doch geht es fast nie um Bilder und Repräsentationen. Der Autorin ist ja beizupflichten, Dialog und Plotstruktur der Filme sind der Analyse wert.

Doch zwei Einwände ergeben sich: Wenn man sich auf die Handlungsstruktur und auf die Figuren konzentriert, ist es dann nicht unabdingbar auf Modelle und Theorien des filmischen Erzählens zurückzugreifen? Und: Erreicht man damit, die Besonderheit der drei Filme, die der Autor als Argument dafür aufführt, dass der Piratenfilm noch nicht gestorben sei, deutlich zu machen? Filme, die massiv digital storytelling einsetzen und Johnny Depp als Jack Sparrow? Ich denke nicht.

Thomas Klein