Nowhere To Hide

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Südkorea 1999 - Regie: LEE Myung-Se - 97 Min.
Doppel-DVD in hochwertigem Digi-Pack & Schuber + Poster
· Audio: Deutsch DD 5.1, Koreanisch DD 5.1 Untertitel: Deutsch (optional)
· Bild: 1,85:1 (16:9)
· Bonus-Disc (ca. 150 Min.):
Extended Korean Director's Cut, internationale Kinotrailer, Interviews, Behind the Scenes, Vergleich der Schnittfassungen

Aus modernistischer Perspektive gibt es gute Gründe, Vorbehalte gegenüber Lee Myung-ses Film NOWHERE TO HIDE zu hegen. Anstelle einer Vermittlung authentischer Erfahrung setzt er auf das Erzählen einer mythischen Genregeschichte. Anstelle einer Repräsentation von alltäglicher Wirklichkeit setzt er auf die Ästhetisierung von Klischees. Anstelle einer Vermittlung kritischer Erkenntnisse setzt er auf die stilisierte Wiedergabe altbekannter Standardsituationen. Anstelle einer Konstitution von innovativen Ausdrucksmitteln setzt er auf die Arbeit mit Versatzstücken populärkulturellen Allgemeinguts.

Und dennoch, in gewisser Weise gilt durchaus: „[F]ür NOWHERE TO HIDE wurde das Kino erfunden“ (Jens Niedzielski, Splatting Image #42, Juni 2000). Der Film um die verlustreiche Jagd des hart gesottenen Polizeikommissars Woo (Park Joong-hon) auf den Kontraktkiller Chang Sung-min (Ahn Sung-kee) führt den Zuschauer in eine hochgradig artifizielle Welt des mediatisierten Lebens hinein und reproduziert wie reflektiert gleichsam ironisch etablierte ästhetische Muster aus Fernsehen, Werbung und Video-Clips. Dabei bleibt dem Rezipienten in einem von NOWHERE TO HIDE enorm beschleunigten Gestus des Zitats kaum hinreichend Zeit, all die ihm dargebotenen Sinneseindrücke kognitiv zu erfassen, sich in kritischer Distanz gegenüber dem Geschehen zu positionieren und oder gar der Suggestivkraft der Bilder- und Tonkollagen sich zu verweigern. Slow-Motion, Zeitraffer, Kamera-Zooms, Standbilder und Schraffureffekte konstituieren ein Stil-Patchwork, das pausenlos seine Genre-Grenzen neu definiert und sowohl Komödie, Thriller, Actionfilm als auch Melodrama zugleich ist. Im einen Moment noch comicartigem Slapstick verhaftet, im nächsten schon spannungsdramaturgischen Suspense offerierend, um danach auf harte Gewaltszenen zu setzen und anschließend in gefühlsbetonten Tableaus zu schwelgen, nutzt NOWHERE TO HIDE in einem Prozess der kontinuierlichen Hybridisierung „die Möglichkeiten des Filmschaffenden nahezu vollends aus“ (Jens Niedzielski). Alleine die ersten, Protagonist und Antagonist etablierenden Minuten müssen neben Miike Takashis DEAD OR ALIVE (1999) und Ishii Sogos GOJOE (2000) unweigerlich zu den spektakulärsten Eröffnungsmomenten der Kinogeschichte gezählt werden.

Ironischerweise wurde NOWHERE TO HIDE als postklassisches Pastiche par Excellanze inzwischen selbst zum Vorbild für zahlreiche Produktionen aus der Kulturindustrie Hollywoods, am Prominentesten wohl in THE MATRIX REVOLUTIONS (2003). Der koreanische Regisseur Lee Myung-se hingegen brachte erst 2005 seinen nächsten Film THE DUELIST in die Kinos, welcher NOWHERE TO HIDE konsequent weiter denkt. THE DUELIST bewegt sich nochmals evidenter als sein ohnehin schon sehr radikaler Vorgänger weg von psychologischem Realismus hin zu einem kinematographischen Ballett, das permanent in entfesselter Kinese sich ergeht. Mobilität wird in THE DUELIST zum Paradigma einer „Ästhetik des Verschwindens“ (Paul Virilio), in der selbst die Emotionen der Protagonisten allein über eine Bewegung im Raum der Zeit visualisiert sind.

Ivo Ritzer

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