Sophie Marceau Special (Juli 2006):

ANTHONY ZIMMER

4 / 5 Sterne

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F 2005
85 min., Scope
Galileo Medien AG
Extras: Vergleich Storyboard/Film, Making of, Probeaufnahmen, Drehbuch

MARQUISE (Die Rolle ihres Lebens)

4 / 5 Sterne

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F/I/CH/ESP 1997
120 min., 16:9
Galileo Medien AG
Extras: keine.

Zwei Filme mit Sophie Marceau, der eine – MARQUISE – aus dem Jahr 1997, der andere - ANTHONY ZIMMER – aus dem Jahr 2005. Der erste ein Historienfilm, der zweite ein Thriller.

So sehr die Genres sich unterscheiden, das Verbindende ist doch unübersehbar: das Wechselverhältnis von Schein und Sein, die Kunst der Maskerade und die Strategien der Täuschung. In Marquise spielt Sophie Marceau die Titelfigur, die im 17. Jahrhundert zur Theatertruppe Molières stößt. Entdeckt wird sie wegen ihrer tänzerischen Fähigkeiten, werden will sie jedoch eine Schauspielerin. Zuerst gelingt ihr das nicht, sie hat Lampenfieber, bringt auf der Bühne kein Wort heraus. Deshalb muss sie fürs erste weiter tanzen. Dann lernt sie Racine kennen. Sie spielt in seinem neuen Stück an einem anderen Theater erfolgreich die Hauptrolle. Doch ist ihr Ehrgeiz größer als es ihr Körper verkraftet. Gemäß den Konventionen des Theatersujets finden sich immer wieder Grenzgänge zwischen Spiel und Ernst. Etwa wenn ein kranker Schauspieler im Bett auf der Bühne agiert, während der Aufführung jedoch stirbt. Während die Kollegen seinen Tod betrauern, versteht das Publikum nicht, was da geschieht und reagiert gänzlich unangebracht.

In ANTHONY ZIMMER geht es weniger um Theater, als vielmehr um ein trickreiches Täuschungsmanöver. Sophie Marceau spielt darin Chiara, die Kontakt mit dem international gesuchten Geldwäscher Anthony Zimmer aufnehmen will, stattdessen aber in der Bahn dem Übersetzer François begegnet. Der verliebt sich nachvollziehbarer Weise sofort in die Fremde im Zug. Sie scheint seine Gefühle zu erwidern, doch ist sie plötzlich fort, als François sich zu seiner Überraschung zweier bewaffneter Männer erwehren muss. Kein Zweifel besteht mehr: Er wird für Anthony Zimmer gehalten. Doch warum? Wo und wer ist Anthony Zimmer? Und welche Rolle spielt eigentlich Chiara? Für François bleibt das unklarer als für den Zuschauer. Denn so geschickt in dem Film auch versucht wird, den Zuschauer von der richtigen Fährte abzulenken, so nahe liegend, aber damit auch konstruiert wirkt die Auflösung.

Sehenswert sind beide Filme nicht zuletzt wegen der Hauptdarstellerin. Sophie Marceaus Schönheit zu preisen bedeutet vielleicht Eulen nach Athen zu tragen. Aber dennoch: Diese Frau ist einfach ein Traum. Auch schauspielerisch bleibt nichts zu wünschen übrig. Mit sichtbarer Lust spielt sie mit der visuellen Lust des Zuschauers, verleiht ihren Figuren viele überraschende Nuancen, verkörpert die historische Theater-Schauspielerin ebenso intensiv wie ihre Variante der femme fatale im Thriller.

Thomas Klein

*

Die Treue der Frauen

5 / 5 Sterne

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La Fidelité
F 2000
Regie und Drehbuch: Andrzej Zulawski .
Darsteller: Sophie Marceau (Clélia), Pascal Greggory (Clève), Guillaume Canet (Nemo), Michel Subor, Edith Scob.
Laufzeit: 166 Minuten
DVD Anbieter: Galileo Medien. Bild: 1:1,85, PAL. Ton: Deutsch, Französisch (5.1). Untertitel: Deutsch. Extras: Dreharbeiten, Kommentar von Andrzej Zulawski (Französisch mit dt. UT).

Atemlose, gehetzte Kreaturen des fatalen Spiels ihres Schicksals, Puppen nahezu metaphysischer Intrigen und Mechanismen, so muten die Protagonistinnen der Filme des radikalen polnischen auteurs Andrzej Zulawski an. Und doch ist die Ursache ihres existenziellen Leids so banal wie zerreißend: Sie leiden an ihrer Sucht nach Leben und Liebe. Das Leid seiner tragischen Heldinnen und Helden ist Zulawski ernst, ohne jedes distanzierende Augenzwinkern verleiht er diesen überflutenden Leidenschaften apokalyptische Größe. So ist sein Kino kein bescheidenes, dezentes, sondern ungeachtet langer Phasen der Ruhe und des Verharrens immer auch ein großes, erschütterndes Kino, das die Möglichkeiten des Mediums rasant durchmisst.

Erstaunlicherweise gelang es Zulawski immer wieder, Produzenten für seine bizarren Szenarien zu finden, die zumindest vom Skandalimage seiner exzessiven Bildwelt zehren konnten. Der ambitionierte spanische Produzent und Förderer vernachlässigter Talente, Paolo Branco, produzierte Zulawskis aktuellen Film „Die Treue der Frauen“. Sophie Marceau spielt dort die renommierte Fotografin Clélia, die das Image eines Skandal-Verlegers aufbessern soll. Durch ihre Arbeit gerät sie zwischen zwei Männer: Clève (Pascal Greggory), einen soliden Redakteur, der sie liebt, und Nemo (Guillaume Canet), einen zynischen Sensationsfotografen. So zerreißt sie sich zwischen einem Gatten, den sie liebt, aber nicht begehrt, und einem jungen Draufgänger, den sie begehrt aber nicht liebt. Bis zum bitteren Ende, das Clève das Leben kosten wird, bleibt sie ihrem ehelichen Treueschwur verbunden, zieht sich gar vor den Wirrnissen der Leidenschaften in die Einsamkeit einer Sektenkommune zurück, nur um schließlich ihr eigenes Schicksal als Gegenstand eines Fernsehfilms zu sehen – inszeniert von dem verlassenen Nemo. Dazwischen in rasanten Bildfolgen: Hysterie, Tod, Melancholie, Hass, Wut, Verzweiflung und Zärtlichkeit. So verschieden ihr fotografisches Werk ist, verläuft auch Clélias und Nemos emotionaler Zickzackkurs angesichts ihrer Unfähigkeit, sich selbst zu verorten. In den Armen liegen sie sich erst, als wirklich ihr Leben bedroht wird – von den Agenten eines korrupten Organspendeunternehmens. Das unerwartete Massaker verklärt Zulawski folgerichtig zur traumwand-lerischen Etüde: Ihn interessiert nicht der exploitative Topos des Gangstergenres, das er unversehends streift – nein, vielmehr läßt er hier den emotionalen Geschlechterkrieg für Momente Bild werden, um eine Grenze zu markieren, die es zu passieren gilt – eine Explosion der Gefühle von ungeahnter Wucht. Um nichts weiter geht es hier, als um das Leben selbst. Ursprünglich wollte Sophie Marceau selbst die Regie dieser zeitgenössischen Adaption von Madame de La Fayettes La Princesse de Clèves übernehmen, doch schließlich ließ sie ihren Mann den Stoff neu adaptieren und umsetzen.

In der heutigen Filmlandschaft steht sein ebenso atemberaubendes wie erschöpfendes und anstrengendes Werk recht einsam da: Zulawski nimmt das Leid seiner Handelnden ernst, lässt sie nicht im Uneigentlichen trudeln, sondern wünscht ihnen von ganzem Herzen nur eines: sich endlich vergessen zu können im Anderen...

Marcus Stiglegger