Müllér of Death!

The Book of Sacrifice

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(Trisol 2006) CD 11 Tracks

Das deutsche Gothic-Elektro-Label Trisol wagt sich in neues Territorium vor: Mit Müllér of Death wird eine neue, harsche Industrial/Powerelektronix-Band angekündigt. Die berüchtigten Boyd Rice und Genocide Organ nennt man als Bezugspunkte. Aufmachung und Titel sprechen die Sprache der Provokation: Frakturschrift, Lorbeerkranz, Totenschädel, Schwarz-weiß-rote Ästhetik ergänzen Songs wie "No Woman Allowed", "Alphaman" oder - in der Tat - "Total war", eine NON-Coverversion.

Rhythmisierter Noise, pulsierende Bassbeats, Samples aus Orchestralmusik und ein bösartig verzerrter Gesang erinnern in der Tat an die genannten Vorbilder. "Total War" klingt gar nicht so unterschiedlich zu den bekannten Live-Versionen von Boyd Rice... Und doch unterscheidet sich diese zweifellos aufwändige und technisch überzeugende CD von den genannten Undergound-Projekten. Müllér of Death! nutzen den genannten Stil weitgehend als selbstverweisenden Effekt. Ihre Texte erschöpfen sich so in der misogynen oder gleich misanthropen Provokation. Sie stellen weder Unterrdrückungsmechanismen bloß noch fordern sie zu einer "Identifikation mit dem Aggressor" auf. Obwohl das alles sehr laut und deutlich daherkommt, hat man einige Spitzen entfernt: So fehlt bei "Total War" Rice' strittige Beschwörung bekannter Diktatoren der Vergangenheit: "Benito Mussolini, Adolf Hitler - where are you... we need you now!" Solche Zeilen - mit denen Boyd Rice/NON zum Hassobjekt der linken Kritik wurde - findet man auf "Book of Sacrifice" nicht (auch der Titel scheint sich auf Death in Junes "Wall of Sacrfice" und "Brown Book" zu beziehen). Die junge Band, die aus dem Berliner Techno-Act Generation X-ed entstanden ist, zieht sich damit in die Gefilde von Dive zurück, der über die Jahre seinen 'Biss' verloren hat und nun primär für den Alternative-Dancefloor arbeitet, wo harsche Phrasen zum Pop geworden sind. Und so könnte sich nun tatsächlich "Total War" auch in jenen Clubs etablieren, die Gruppen wie NON bislang ängstlich gemieden haben, denn wenn dort Politik in gewisser Weise zu Pop wurde, ist mit Müllér of Death! der Urindustrial letztlich ebenfalls dazu geworden.

Was bleibt ist eine eingängige, treibende, hervorragend produzierte Industrial-Dancefloor-CD, die ihren Platz zwischen This Morn Omina und Haus Arafna finden könnte.

Maria Nicoli