Folk / Mittelalter - Sommer 2005

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Death in June

Abandon Tracks

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(NER 2005) CD / LP 16 Tracks

In den letzten Jahren hat jede neue Veröffentlichung von Death in June den tragischen Charakter eines Testaments. Auch die sehr offenen Interviews der letzten Zeit und die Ankündigung, keine Konzerte mehr zu geben, bestätigen die endzeitige Atmosphäre um Douglas P. So kann man auch die Doppel-LP und CD "Abandon Tracks" als ein Resüme, als eine fast testamentarische Werkschau begreifen, die noch einmal in die früheren Phasen der Band eintaucht, einige Songs 'revisioniert' und zugleich einige eindrucksvolle Nebenwerke (Compilationbeiträge) zugänglich macht.

Das extrem bunte Artwork knüpft an die leicht selbstironischen Cover der letzten CDs an und zeigt einen voll maskierten Douglas P., der von einem deutschen Tigerpanzer mit französischer Tarnbemalung springt (oder fällt?). Auch die Innenfotos greifen dieses Motiv auf, ebenso wie das Poster der Doppel-LP. Schmerzlich werden einige das finstere Layout der früheren Alben vermissen, aber die Zeit hinterlässt ihre Spuren...

Was in den aktuellen Interviews (u.a. auf Brainwashed.com) deutlich wird, setzt sich hier fort: Douglas P. macht noch einmal nachvollzihbar, was das Konzept von Death in June wirklich bedeutet: Er zitiert ausführlich Mishima ("We still have a strong warrior's mind!") und Genet ("Did you say l'amour. I heard la mort!"), betont deutlich den homosexuellen Aspekt der Band und führt eine reiche Palette musikalischer Stile vor.

"The Concrete Fountain" (2001) erscheint poppig mit einem Easy-Listening-Gestus. "The Only Good Neighbour" (1996) klingt ebenfalls beschwingt und textlich zynisch - ein muskalischer Fluch mit ungewohnter Melodie. "13 Years of Carrion" (1995/2002) wurde neu aufgenommen und klingt jetzt ebenfalls sehr differenziert und poppig. "Burn Again" (1987) ist die erste echte Re-Vision, mit Vocals von Douglas P. statt David Tibet. "My Black Diaries" (1994), eine hintergründige Soundcollage, entstammt dem "Blutfeuer"-Sampler. "Punishment Initiation" (1987) wurde ebenfalls frisch gemischt und enthält nun den sonoren Gesang von Douglas P. "We Said Destroy" (2000) entstammt einer 7" mit Fire * Ice und repräsentiert de rhythmischen Industrialaspekt der Band. "Europa Rising" (2002) interpretiert "Daedalus rising" völlig neu und mit minimalistischeren Vocals, dafür aber Pianoklängen. "Rocking Horse Night" (1986) lässts chmerzlich die frühe Folphase von Death in June wieder auferstehen, eine Version mit starken Anklängen an Flamenco und Ennio Morricone. "Death of A Man" isoliert die Genet- und Mishima-Zitate und mischt sie zu einer Collage. "Passion! Power!! Purge!!!" kehrt zum Industrial-Noise zurück, mit prägnanten Vocals allerdings. "My Black Diary" (1994) in der Folkversion erschien erstmals als beitrag auf Nature & Organisation und hat Refrains von Rose McDowall und David Tibet - klingt demnach wie ein frühes Lied der Band. Ein schönes Wiedersehen mit einem poetischen und starken Song. "In Sacrilege" (1989) bleibt eine unheimliche Etüde, hier nun mit Douglas' Stimme. Sehr eindrucksvoll. Ein Tibut an Der Blutharsch (s.u.) ist "Many Enemies" (2003), wohl ein bitterer Kommentar auf die massiven Anfeindungen gegen Death in June in den letzten Jahren. Eines der melancholischsten und besten Stücke von Death in June ist "Unconditional Armistice" (1996) ein "Farewell to Arms" im Stil von Leonard Cohen. Minimalistisch und wunderschön gestaltet, eines der besten Death-in-June-Lieder überhaupt. Den Abschluss bildet eine neue Version von "Europa: The Gates of Heaven and Hell" (2002).

Für Fans und sogar für Einsteiger ist diese CD ein schönes und erhellendes Geschenk. Man wird zwar die themaische und stilistische Kohärenz der Konzeptalben vermissen, bekommt dafür aber eine vileschichtige Palette geboten, die zeigt, wie weit Death in June seinen Epigonen stets voraus war...

MaNic

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Der Blutharsch

Live at The Monastery

(WKN 2005) CD 11 Tracks

Wer die Wiener Militarypop-Band Der Blutharsch nur von drastischen Berichten über frühere militaristische Performances kennt, wird über Präsentation und musikalische Gestaltung dieser Live-CD vermutlich überrascht sein. Entsprechend den jüngsten Bemühungen, das politisch inkorrekte Image möglichst abzustreifen, finden wir hier genau jene Versatzstücke nicht, die den berüchtigten Ruf der Gruppe ausmachten: Auf Samples wird hier völlig verzichtet, militaristische Elemente finden sich allenfalls in einigen Textzeilen - immer jedoch sorgsam enthistorisiert. Zudem fällt auf, dass sich wirklich eine gewisse Banddynamik entfaltet hat. Es geht nicht mehr nur um individuelle Obsessionen, sondern um ein Zusammenspiel ganz unterschiedlicher Einflüsse - ja, man ist unterwegs zum Status der bizarren Folk-Rockband.

Meist kurz und prägnant präsentieren sich die Stücke hier, getragen von schnell und rhythmisch gespielter Akustikgitarre, verschiedenen Rhythmusinstrumenten (Rasseln, Drums), Klarinette, Harmonium und natürlich verschiedenen Stimmen (u.a. Bain Wolfkind von Novo Homo). Den größten Gesangsanteil hat Marthynna, oft kommt ein männlicher Konterpart dazu. Sehr gelungen ist das in den mittelalterlichen Harmonien von Track 5 ("Time is the Enemy"). Reizvoll auch eine Death in June-Cover-Version "Despair", die von Marthynna und Albin vorgetragen wird. In einigen Fällen werden die fehlenden Vocalsamples live eingesprochen. Nach knapp über 30 Minuten wurde das Konzert aufgrund fehlender Gitarrensaiten leider abgebrochen.

Grundsätzlich kann man sagen, die rein akustische Darbietung verändert die Ausstrahlung der bekannten Stücke nicht nur, sie bekommt ihnen auch ausgesprochen gut. Gewöhnungsbedürftig bleibt allenfalls der teilweise etwas schräge Gesang und die merkwürdigen Lyrics (z.B. Track 6), doch das dürfte Fans der Band kaum irritieren. Die Covergestaltung bleibt dem düsteren Stil treu und bietet einige Livebilder und geprägte Schrift. Wie immer finden sich keine weiteren Informationen oder Titel. "Live at The Monastery" ist ein wichtiger Schritt für ein Postindustrial-Sample-Projekt hin zur folkigen Performanceband.

MaNic

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Of the Wand an the Moon

Hail Hail Hail

(Myrrunar 2005) 7 " 2 Tracks

Einen recht guten Namen hat sich die dänische Band Of the Wand and the Moon inzwischen in der Folkszene erspielt. Als Ankündigung ihrer neuen CD "Sonnenheim" ist gerade die ganz in weiß gehaltene Single "Hail Hail Hail" erschienen, die sich ausgbig mit Runenmagie auseinandersetzt. Neben der edlen Covergestaltung mit Goldprägung fällt demnach eine recht schwer deutbare Verwendung der Othila-Rune sowie die Beschwörung der destruktiven Hagalaz-Rune (Hail) auf. Der Titelsong ist zu einer orientalischen Melodie gestaltet und fügt dem Sound der Band einen neuen Aspekt hinzu. Die B-Seite, auf der auch Andreas Ritter von Forseti mitwirkte, ist die Cover-Version eines Stückes von Ian Read, das dieser vor einigen Current-93-Konzerten zu Besten gab. Für Fans und Sammler ist diese leider sehr kurze Single mit Sicherheit interessant, die Allgemeinheit wird damit vermutlich kaum in Berührung kommen...

MaNic