Dorotheas Rache

5 / 5 Sterne

Label: Arthaus
Produktionsjahr: 1974
Produktionsland: Deutschland
Kinostart: 25.04.1974
FSK: keine Jugendfreigabe
Lauflänge: ca. 86 Minuten



Zu Beginn der Siebzigerjahre verzeichneten softpornografische Filmreihen wie der SCHULMÄDCHENREPORT größte Kinoerfolge in Deutschland. Deren pseudoaufklärerischer Gestus - kombiniert mit simulierten Sexszenen - wurde zu einer verbindlichen trivialen Ausdrucksform, die selbst wie eine Parodie anmutete, den Autorenfilmer Peter Fleischmann jedoch seinerseits zu einer bunuelschen Gesellschaftssatire anregte. Zusammen mit dem in einer Discothek entdeckten Mädchen Anna Henkel (die später in Bertoluccis 1900 mitwirkte), dem Autor Jean-Claude Carrière und dem Komponisten Philippe Sarde drehte er eine Sexualaufklärungsodyssee im Stil dilettantischer Super-8-Filversuche einer Schülerin.

Die 17-jährige Gymnasiastin Dorothea hat nur wenige Erfahrungen in Sachen Liebe - bis sie scheinbar von einem Außerirdischen Besuch bekommt, der sie zu einer langen Reise durch das Reich der Lüste motiviert. Mit Freunden dreht sie das "Lexikon der Liebe", zugleich begibt sie sich auf den Hamburger Kiez, wo sie zwischen Huren, Exhibitionisten, Dominas und Masochisten nach echten Gefühlen fahndet. Was sie mit der Kamera in der Hand letztlich entdeckt, ist eine Welt der Abgründe und Perversionen...

In Deutschland wurde DOROTHEAS RACHE zunächst als Skandalfilm gehandelt, der zwischen Kunst und Pornografie pendelte. In Frankreich wurde Fleischmanns Film gefeiert und lief in vollen Häusern. DOROTHEAS RACHE wurde im Geiste des neuen Surrealismus gefeiert und von Künstlern wie Pier Paolo Pasolini für ein großartiges Filmwerk erklärt.

Ein erstaunlicher Bonus ist der fast verschollene ZDF-Dokumentarfilm "Palais d'amour" von Solange Michoulier, Fleischmanns damaliger Lebensgefährtin, und Hubert Fichte, in dem zahlreiche Vertreterinnen des 'horzontalen Gewerbes' und deren Zuhälter zu Wort kommen. Dieses vielschichtige Sittengemälde wirft zusammen mit dem Hauptfilm einen erkenntnisreichen Blick in die Sexualmoral der frühen Siebzigerjahre. Dazu bietet die DVD ein umfassendes Interview mit dem Regisseur Peter Fleischmann, der bereitwillig die Umstände und das Konzept von DOROTHEAS RACHE diskutiert. Vor allem der Wandel in der öffentlichen Wahrnehmung von Sexualität und Prostitution wird hier reflektiert. Dazu kommt noch ein Brief von Autor und Regisseur Fernando Arrabal (VIVA LA MUERTE) und eine Dokumentation der Preisverleihung: Die Künstler Fernando Arrabal, Alexandro Jodorowsky und Roland Topor zeichneten den Film mit ihrem "Preis der Groupe Panic" aus.

DOROTHEAS RACHE ist ein wichtiges fimisches Dokument der Siebzigerjahre und wird auf dieser Kinowelt-DVD in einer vorbildlichen Version präsentiert. Wer sich für erotisches Kino, die Soziologie jener Jahre und subversives Kino interessiert, wird um diese DVD nicht herumkommen.


Darsteller
Anna Henkel
Gunther Thiedicke
Regis Genger
Elisabeth Potchanski

Stab
Regie: Peter Fleischmann
Drehbuch: Peter Fleischmann, Jean-Claude Carrière
Kamera: Jean-Jacques Flori, Klaus Müller-Laue
Produktion: Peter Fleischmann
Technische Angaben
DVD Bild: 1,33:1 (4:3 Vollbild)
DVD Sprachen/Ton: Deutsch (Stereo Dolby Digital)
DVD Extras: Interview mit Peter Fleischmann, Dokumentarfilm "Palais d'Amour", Filmplakate, Werkfotos, Trailer