THE DEVIL’S REJECTS - D.C.
4,5 / 5 Sterne
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Originaltitel: THE DEVIL’S REJECTS
Produktionsland + -jahr: USA 2005
Genre: Horror / Thriller
Ton DVD: DTS-ES + DD 5.1 EX (Deutsch); DD 5.1 EX (Englisch); deutsche
Untertitel, ausblendbar
Bild DVD: 16:9 / 1:1,85
Laufzeit: 106 Minuten
FSK: kJ
Extras Kauf-DVD (= Single Version + Bonus-DVD):
Disc 1 (Hauptfilm):
Originaltrailer deutsch
Originaltrailer englisch
Audiommentar von Regisseur Rob Zombie
Audiokommentar der Hauptdarsteller
Disc 2 (Bonus-DVD):
- Blooper Reel (5:23 Min./deutsch untertitelt)
- Morris Green Show (13:19 Min./deutsch untertitelt)
- Spaulding Commercial: Mary the monkey (1:10 Min./deutsch untertitelt)
- Spaulding Commercial: Christmas (1:09 Min./deutsch untertitelt)
- "Cheerleader missing" The Otis Home Movie (0:57 Min)
- Music Video (1:54 Min.)
- Deleted Scenes (13:17 Min./ deutsch untertitelt)
- Make Up Tests (13:10 Min.)
- Mathew McGrory Tribute (2:08 Min./deutsch untertitelt)
- Bloody Stand Up (2:40 Min./deutsch untertitelt)
- Documentary (144 Min./deutsch untertitelt)
VÖ als Kauf-DVD (Special Edition): 07.04.2006
Rob Zombies HOUSE OF 1000 CORPSES
(USA 2002) muss nicht nur retrospektiv als der wohl avancierteste Horrorfilm
der letzten zwanzig Jahre gewertet werden. HOUSE OF 1000 CORPSES ist jenseits
infantiler Moritaten wie Wes Cravens SCREAM (1996-2000)-Trilogie zweifellos
DER zentrale Beitrag des Genres zum Postmodernismus. Wo das moderne Slasher-Movie
seinen Effekt aus der Dialektik zwischen Realität und Potentialität,
zwischen Geschichte und Mythos generiert, geht es Zombie nicht um eine
Egalisierung der konstitutiven Partikel. Er kodiert die filmischen Zeichen
um und verordnet sie als genuine Bestandteile eines popkulturellen Frameworks.
So wird HOUSE OF 1000 CORPSES zu einem reflexiven Streifzug durch hundert
Jahre US-amerikanische Kulturindustrie. Eine Verhaftung im Moment der
reinen Deskription fragmentiert Zombie aber durch permanenten Hinweis
auf die mediale Genese der repräsentierten Aktionen, ohne dabei je
die somatische Rezeptionsästhetik des Genres zu desavouieren.
THE DEVIL’S REJECTS, das quasi-Sequel zu HOUSE OF
1000 CORPSES, ist kein Horrorfilm mehr. Es ist ein Road-Movie –
und damit vielleicht der erste post-postmoderne Horrorfilm. Nicht mehr
wie in HOUSE OF 1000 CORPSES dient Tobe Hoopers THE FUNHOUSE (USA 1981)
als zentrale Referenz. In seiner formalen wie inhaltlichen Gestaltung
funktioniert der Film dezidiert auch nicht als Pseudo-Remake von Terror-Filmen
wie Hoopers TEXAS CHAINSAW MASSACRE (USA 1974) oder Wes Cravens THE HILLS
HAVE EYES (USA 1977). Und dennoch steht THE DEVIL’S REJECTS nicht
vollkommen für sich selbst. Er rekurriert vielmehr auf dem gesamtspektralen
Fundus US-amerikanischer Populärkultur der 1970er Jahre. Von daher
wird THE DEVIL’S REJECTS zu einer modifizierten Illustration Baudrillardscher
Simulationsthesen. Zombie imitiert weniger konkrete Vorlagen als eine
ganze kollektive Mythologie, mit der Konsequenz, dass THE DEVIL’S
REJECTS als Kopie eines potentiell multiplen Originals erscheint, denn
das Original erstreckt sich auf ein ganzes Panoptikum kultureller Gedächtnisarbeit.
Referenten werden im Akt der Transformation also nicht liquidiert, sondern
in künstlichen Zeichensystemen vielmehr reanimiert.
Dabei scheut Zombie konträr zur gängigen Praxis
aktuellen Genrekinos das unverbindliche Zitat als reinen autoreferentiellen
Ästhetizismus und kritisiert stattdessen in der Diegese seines Films
das semiotische Arsenal des Genrekinos selbst. Im Mittelpunkt steht wie
schon in HOUSE OF 1000 CORPSES die mörderische Familie Firefly. Nur
verschiebt Zombie nun den Fokus der Repräsentation: Die Fireflys
werden zu paradox sympathisch konnotierten Protagonisten, welche sich
ihrer Haut gegen einen noch weitaus psychopathischeren Sheriff erwehren
müssen. In Kontrast zur Ideologiekritik im frühen postmodernen
Kino, etwa bei Jean-Luc Godard, ruft Zombie auf den ersten Blick weniger
politische Kontexte extern der Kinematographie ins Bewusstsein, er bezieht
sich primär auf das fiktionale Konstrukt des Genrekinos per se. THE
DEVIL’S REJECTS arbeitet an einer Inversion tradierter Genrerollen
hin zu einem Patchwork der Minderheiten. Als zentrales Thema klingt die
repräsentative Relevanz filmsoziologisch Benachteiligter an. Zombie
verlagert Narration und Inszenierung im Stile der Mythologie des Southern
Gothic zu Gunsten derjenigen, die in der Geschichte des Genrekinos sonst
zu kurz kommen.
Dies leistet der Film wiederum über eine emotional
schlüssige Integration ehemals als „authentisch“ rezipierter
Artefakte. Nicht erst wenn zum mythischen Showdown Lynyrd Skynyrds hymnischer
Hard-Rock-Song „Free Bird“ zu einer Relevanz zweiter Ordnung
gelangt, wissen wir, dass THE DEVIL’S REJECTS in seiner Neukodierung
von Popmetaphorik ein kulturelles Gedächtnis lanciert, das letzten
Endes doch auch außerfilmisch politisches Potential besitzt. Zombie
ergreift Partei für den marginalisierten Süden der Vereinigten
Staaten und setzt ihn ikonisch ganz bewusst gegen das klinisch saubere
Ost-küsten-Amerika des Differenzkapitalismus. Gegen dessen keimfreien
Proto-Faschismus verstößt die Firefly-Familie als anarchische
Outlaw-Gang symbolisch in einer konsequenten Transgression bürgerlicher
Zivilisationskategorien.
THE DEVIL’S REJECTS positioniert sich damit jenseits
der kontemporären Praxis spätpostmodernen Kinos. Wo die Coen-Brothers
oder auch David Lynch inzwischen in einer unverbindlichen Akkumulation
von Intertextualität, Autoreflexivität und Spektakularität
sich ergehen, interessiert sich Zombie abseits monotoner Räume tatsächlich
für die utopische Potentialität von herrenlosem Pluralismus.
Es scheint so, als müsse man, um die politischen Versprechen der
kinematographischen Postmoderne einzulösen, tatsächlich einen
Schritt über sie hinaus wagen. Lasst uns Rob Zombie dahin folgen.
Ivo Ritzer
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