Im Glaskäfig

5/5 Sterne

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Originaltitel: Tras el cristal
Spanien 1986
Regie: Agustí Villaronga
Anbieter: Bildstoerung (D), früher: Cult Epics (USA) RC 0
Laufzeit: 106 Minuten, uncut
Bild: 1.85:1 anamorph
Ton: Spanisch Dolby Digital
Untertitel: Deutsch
Bonus: Interview mit d. Regisseur, Kommentar, Galerie, Booklet

Obwohl seine Filme regelmäßig auf der Berlinale zu bewundern sind, hat sich der mallorcinische Regisseur Agustí Villaronga hierzulande noch nicht durchsetzen können. Lediglich sein vorletzter Film, das psychosexuelle Drama EL MAR erschien in Deutschland auf DVD (Salzgeber), das Risiko, den skandalumwitterten Erstling IN A GLASS CAGE herauszubringen, traute sich bislang noch niemand. Umso willkommener ist somit die jüngst von Cult Epics in Los Angeles herausgebrachte DVD, die den durchaus dem Sadiconazista-Umfeld (DER NACHTPORTIER, DIE 120 TAGE VON SODOM) zuzurechnenden Film in einer eindrucksvollen Version präsentiert.

Der ehemalige KZ-Arzt Klaus (Gunter Meisner), der noch in seinem spanischen Exil nach dem Krieg seiner grausamen Leidenschaft für Knabenmord frönt, begeht einen erfolglosen Selbstmordversuch: Er endet in einer Eisernen Lunge, die den völlig Gelähmten künstlich am Leben erhält. Seine Frau (Marisa Paredes) und seine kleine Tochter umsorgen ihn. Eines Tages taucht ein mysteriöser junge Mann (David Sust) auf und will sich um den Patienten kümmern. Gegen den Widerstand der Ehefrau gibt Klaus ihm die Stelle und - ähnlich wie in Stephen Kings Erzählung vom "Musterschüler" - entwickelt sich ein perverses Band zwischen den Männern: Klaus erzählt dem Jungen von seiner Vergangenheit, vermag ihn mit der Zeit derart zu faszinieren, dass der Junge beginnt, seine eigenen düstersten Triebe auszuleben und dem alten Mann Kinder zu opfern... Die Ehefrau stirbt, das Haus gleicht immer mehr einem Konzentrationslager - und eines Tages ist auch Klaus' letztes Stunde gekommen.

Inszeniert in glasklaren stahlblauen Bildern, untermalt von unheimlicher synthetischer Musik, fällt es schwer, sich diesem destruktiven Alptraum zu entziehen. Der eigentliche Schrecken des Films erwächst aus der Tatsache, dass es hier vor allem um Kinder geht, die zu Opfer oder Täter werden. In dem kurzen Bonusinterview erzählt Villaronga, wie er mit den jungen Darstellern in solchen Szenen gearbeitet hat.

Bei dem deutschen Label Bildstoerung ist die definitive Version dieses bislang nur bei Cult Epics in den USA erschienenen erhältlich. Sie bietet neben dem vom Regisseur selbst überwachten HD-Master des Hauptfilms ein ausführliches und informatives Interview, einen Audiokommentar, eine kommentierte Galerie und ein umfangreiches Booklet von Dr. Marcus Stiglegger mit einer Einordnung des Films in Villarongas Gesamtwerk. Wer extremes aber stilvolles Kino von Zulawski bis Noé schätzt, sollte hier zugreifen.

cd