Conquest

Label: '84 Entertainment
Laufzeit: ca. 85 Min.
Regionalcode: 2
Produktionsjahr: 1982
Produktionsland: Italien/Spanien/Mexiko
Regie: Lucio Fulci
Bildformat: 1.85:1, 16:9 anamorph
Ton: Deutsch, Italienisch, Englisch (Dolby Digital 2.0)
Untertitel: Deutsch
Extras:
Audiokommentar von Marcus Stiglegger und Ivo Ritzer
Booklet von Fabian Rodewald
Artwork-Galerie
Filmographien
Deutscher & Original-Trailer
Hidden Feature

Anfang der achtziger Jahre, also lange bevor der berühmteste Jungzauberer der Welt namens Harry Potter die Kinoleinwände betrat und ebenso lange bevor Peter Jackson seine filmische Version von Tolkiens „The Lord of the Rings“ umsetzte und damit eine Welle teurer Hochglanz-Fantasyfilme auslöste, erlebte das Kino einen kurzen aber gewaltigen Boom heroischer Fantasywerke, die sich heute unter den beiden Bezeichnungen „Sword and Sorcery“ und „Barbaren-Filme“ einen Platz in der Filmgeschichte gesichert haben. Besonders auf die großen Erfolge von John Boormans „Excalibur“ (1981) und John Milius' „Conan the Barbarian“ (1982) folgte eine wahre Flut phantastischer Filme, die sich der Thematik des erhabenen, souveränen Einzelkämpfers, der in einer vorgeschichtlichen Welt agiert, annahmen.

Aus Italien, dem damaligen Hauptexporteur exploitativer Hollywood-Rip-Offs, stammen eine Reihe berüchtigter Barbaren-Filme, die bis heute synonym für die trashige Ausbeutung erfolgreicher Kinorezepte stehen. Angefangen bei „Ator l'invincibile“ (Ator, Herr der Feuers; 1982; R: Joe D'Amato) über „Sangraal, la spada di fuoco“ (Das Schwert des Barbaren; 1982; R: Michele Massimo Tarantini) bis hin zu „La guerra del ferro“ (Er – Stärker als Feuer und Eisen; 1983; R: Umberto Lenzi) bescherte das europäische Kino dem Fantasy-Markt einige berüchtigte Genre-Perlen. Zu dieser Reihe gehört auch Lucio Fulcis „Conquest“, der in Deutschland nun erstmals ungekürzt auf DVD vorliegt.

Ilias, der Sohn eines Stammeshäuptlings, tritt in grauer Vorzeit einen Initiationsritus an, der ihn hinaus in die gefährliche Welt führt, in der die mysteriöse Herrscherin Ocron gebietet. Verfolgt von deren blutgierigen Wolfskriegern muss sich Ilias mit Hilfe eines magischen Bogens als wahrer Krieger beweisen. Auf seinen Reisen begegnet er dem erfahrenen Jäger Mace, mit dem ihn von nun an eine tiefe Freundschaft verbindet...

„Conquest“ ist ein vergleichsweise unbekannter Film aus Lucio Fulcis Spätwerk. Die Regie-Ikone, die heute zu unrecht hauptsächlich nur für ihre zahlreichen Beiträge zur Zombiefilm-Welle der späten siebziger und achtziger Jahre bekannt ist (dabei arbeitete Fulci in seinen über fünfzig Regie-Werken in vollkommen verschiedenen Genres: von der Komödie über den Historienfilm und Western bis hin zum Abenteuerfilm und zum Giallo), präsentiert dem Zuschauer hier ein eklektizistisches Konglomerat aus unterschiedlichsten Film-Motiven und Selbstzitaten. Insgesamt pendelt „Conquest“ sowohl inhaltlich als auch stilistisch zwischen Jean-Jacques Annauds „La guerre du feu“ (Am Anfang war das Feuer; 1981) und Nicolas Coreas „The Archer: Fugitive from the Empire“ (Der Zauberbogen; 1981) und erweist sich formal als traumartige Set-Pieces-Produktion mit teils sehr expliziten und Fulci-typischen Gore-Effekten.
Der gesamte Film wirkt wie durch einen dichten Schleier aufgenommen und spielt, unter häufiger Verwendung eines Weichzeichners, so geschickt mit dem Potential von Zeigen und Verbergen. Narration und Dramaturgie folgen einer inneren Traumlogik und stehen damit durchaus noch in der Tradition bedeutender Italo-Produktionen, wie den frühen Gothic-Mystery-Beiträgen Mario Bavas oder „Suspiria“ (1977) und „Inferno“ (1980) von Dario Argento. Es gibt Anleihen beim Western sowie beim Steinzeit- und Zombiefilm, und über allem schwebt die brüderliche Männerfreundschaft der beiden Protagonisten, die selbst über den Tod hinausgeht.

Das nun vorliegende DVD-Mediabook von '84-Entertainment ist ein wahres Fest für Sammler und Freunde optisch ansprechend gestalteter Veröffentlichungen. Limitiert auf 2000 Stück und in Leder gebunden beinhaltet das Set 3 Discs (Hauptfilm, Hauptfilm in Grindhouse-Version, Soundtrack von Goblin-Frontman Claudio Simonetti) und ein 10-seitiges bebildertes Booklet von Fabian Rodewald mit Informationen rund um Lucio Fulci und den Film. Neben üblichen Bonusbeigaben wie Trailer und Bildergalerie ist aber der Audiokommentar der beiden Filmwissenschaftler Marcus Stiglegger und Ivo Ritzer das eigentliche Highlight der Extras. Beide Kommentatoren glänzen mit fundiertem Wissen, machen den Film durch interessante Bezüge noch einmal zu einem ganz neuen Erlebnis und brechen nebenbei eine längst überfällige Lanze für das umfangreiche Werk Lucio Fulcis.

Ganz klar: Für Sammler, Fulci- und Fantasy-Fans sowie für Freunde des ambitionierten, extrem unterhaltsamen Exploitation-Trash-Kinos führt an dieser Veröffentlichung kein Weg vorbei. Eine Perle der kurzlebigen aber großen Ära des frühen 80er-Jahre-Barbaren-Films kann hier in toller Rahmung wiederentdeckt werden.

Kai Naumann