Dies ist ein überarbeiteter Vortrag von der Jahrestagung Cinematografie des Holocaust: „Holocaust und Popularkultur: Der Holocaust im Fernsehen, Spiel- und Dokumentarfilm zwischen Gedenken und Trivialisierung, 18.1. – 20.1.2001 in Hamburg)

 

Alexandra Obradovic

Piotr Uklanski, Provokateur

Ikonografie von Nazis im Spielfilm

 

Im November 2000 betrat die polnische Schauspielerlegende Daniel Olbrychski mit einem Säbel unter dem Mantel und einem Team von Journalisten die traditionsreiche Warschauer Galerie Zacheta, wo die Ausstellung „Die Nazis“ von dem ebenfalls polnischen Künstler Piotr Uklanski Station machte. Er zerschnitt sein Konterfei, das ihn in als NS-Major in Claude Lelouchs „Ein jeglicher wird seinen Lohn empfangen..“ von 1981 zeigte, außerdem die Porträ ts anderer polnischer Schauspieler in Nazirollen - alles medienträchtig von Kameras begleitet. Als Begründung sagte Olbrychski, die „unkommentierte Präsentation könne vor allem unter jugendlichen Betrachtern Verwirrung stiften, da sie die Schauspieler „als Nazis“ zeige. Wenn die Ausstellung geheißen hätte „Nazis im Film“ oder ähnlich“, so der erbitterte Bilderstürmer weiter, „wäre alles in Ordnung“. Aber der Titel „Die Nazis“ mache ihn und seine Kollegen zu Nazis: „Dagegen wollte ich eindeutig protestieren.“ (Die Welt, 9.12.2000)

Daraufhin wurde die Ausstellung vom polnischen Kulturminister Ujazdowski geschlossen. Die Direktorin der Galerie Zacheta, Anda Rottenberg, erstattete Anzeige gegen Olbrychski wegen Sachbeschädigung. Die Stadt hatte ihren Skandal und ganz Polen ein Gesprächsthema. Der Künstler Uklanski weigerte sich, die Auflage des Kulturministers zu erfüllen und die Ausstellung mit einem Kommentar zu versehen. Er betrachtete die Forderung als Zensur und zog die Ausstellung zurück.

Der Künstler Piotr Uklanski
Jahrgang 1968, kommt aus Polen und lebt und arbeitet in New York und Warschau. Anders als die Ausstellung „Die Nazis“ vermuten läßt, ist er kein Fotograf. Er versteht sich als Konzeptkünstler, bei dem die Idee und nicht die Technik im Vordergrund steht, seine Strategie ist es, einen Gegenstand, den jeder zu kennen glaubt, in einen neuen Zusammenhang zu stellen, wo er eine ganz andere Aussage bekommt.

Ein Beispiel von Uklanskis Arbeit war in der Ausstellung „Au-dela du spectacle“ im Pariser Centre George Pompidou 2000 zu sehen, die das Verhältnis von Popkultur und Kunst behandelte. Uklanski baute für sein Projekt „Dancefloor“ den Disco-Tanzboden aus dem Film „Saturday Night Fever“ nach, den er im Museum plazierte, und meint dazu: „ Der Euphorie der Diskothek entrissen, verwandelte sich der Dancefloor in eine melancholische Maschine.“ (Der Tagesspiegel, 8.3.2000)

Die Ausstellung „Die Nazis“ war 1998 in der Photographers Gallery in London zu Gast und im März und April 2000 in den Kunst-Werken in Berlin und ging dann nach Warschau.

Sie versammelt 164 Farb- und Schwarzweiß-Fotos von europäischen und amerikanischen Schauspielern, die in Nazi-Rollen zu sehen sind, und alle mit Uniform. Jeweils eine Reihe an drei Wänden in Augenhöhe angebrachter Porträts in Din A4-Größe, die nahtlos aneinander anschließen, wirken sehr dekorativ wegen ihrer bunten Farben. Die Porträts sind abfotografiert, und Uklanski bewahrt die Heterogenität des Ursprungsmaterials – Cover von Videocassetten, Pressefotos, Standbilder und Filmposter. Die Porträts sind beliebig angeordnet, es gibt keine Chronologie oder sonstige Einteilung, ebenfalls sind die Fotos ohne Kommentar. Lediglich am Anfang der ersten Reihe ist eine Tafel mit Angaben zu dem jeweiligen Filmtitel, Regisseur und Produktionsjahr.

Durch die Anordnung der Fotos entsteht somit keine Klassifizierung und keine Ordnung. Es scheint die Aufgabe des Betrachters zu sein, Zusammenhänge herzustellen. Gleichzeitig bietet Uklanski uns mit den aus dem Kontext - den Filmen - herausgelösten Bildern einen Blick durch die Lupe auf die Parade von Bösewichtern, die er auffährt.

Die Fotos zeigen Filmlegenden aus den letzten fünf Jahrzehnten, sowohl des Hollywood-, als auch europäischen Kinos als Filmnazis: Jean-Paul Belmondo, Erich von Strohheim, Marlon Brando, Yul Brynner, Horst Buchholz, Richard Burton, Ralph Fiennes, Curd Jürgens, Klaus Kinski, Hardy Krüger, Christopher Lee, Roger Moore, Peter O’Toole, Ronald Reagan, Peter Sellars...

Sie alle tragen die Standardsymbole des Nazis: Uniform mit Mütze, oft von einem Totenkopf geziert, Armbinde mit Hakenkreuz, die zum Hitlergruß gestreckte Hand, Narben, Monokel, Lederhandschuhe, Augenklappen, Glatzköpfigkeit.

Ebenso erkennen wir, dass diese Klischees des Bösen eine zeitliche Veränderung erfahren: In den 40er Jahren unterlagen die Nazi-Typen noch der Alliertenpropaganda: blond- und blauäugige „Arier“, hochgewachsen, mit einer Aura von Intelligenz und Arroganz. Sie wurden vorzugsweise von Exil-Deutschen gespielt – wir sehen Erich von Strohheim in Bi lly Wilders „Fünf Gräber bis Cairo“ (1943) oder Otto Preminger als sadistischer Lageraufseher in Wilders „Stalag 17“ (1953) als typische Beispiele.

In den 60er Jahren weichen die Freund-Feindbilder auf, und die Akteure wechseln die Seiten. Amerikanische Stars wie Gregory Peck, Christopher Lee und Marlon Brando schlüpfen in Nazi-Rollen. Der Faschismus bekommt ein individuelles Gesicht und wird nicht mehr so schablonenhaft dargestellt wie in Filmen der 40er Jahre. Der hackenknallende von Strohheim wird durch einen grübelnden Brando abgelöst. Andererseits überlagert die Aura der Stars oft die Rollen, die sie spielen, und manchmal scheinen auch ihre Rollen aus vergangenen Filmen durch - Christopher Lee erinnert auch in Naziuniform an Dracula, und wer denkt bei Leonard Nimoy nicht eher an Mr. Spock aus „Startrek“ als an einen Nazi?

Die historische Plausibilität geht endgültig mit den 70er Jahren verloren, wenn der Blaxploitation-Film z.B. Schwarze als Nazis mit Afrolook hervorbringt oder Nazis als sadistische Sexmonster in Exploitation-Filmen auftauchen.

Nicht zu vergessen die SS-Offizierskarikaturen aus den 80er Jahren mit Michael Byrnes Offizier in Phantasie-Uniform aus Steven Spielbergs „Indiana Jones III“ (1989) oder Carl Reiner in „Dead Men Don’t Wear Plaid“ (1982), dessen Altnazi wiederum auf von Strohheim verweist. Die brillianten Vorläufer von Nazikarikaturen - Charlie Chaplins „Der große Diktator“ (1940) und Ernst Lubitschs „Sein oder Nichtsein“ (1942), beide von Europäern in Hollywood gedreht – sind leider nicht in Uklanskis Galerie.

Zunächst liest sich die Ausstellung wie eine Produktionsgeschichte der Filmindustrie, insbesondere des hollywoodschen Unterhaltungskinos. Der Betrachter erkennt, wie sich das filmische Klischee vom Nazi mit der Zeit verändert hat.

Uklanski hat seine Bilder u.a. aus deutschen Billigvideos, die die polnischen Straßenmärkte nach der Wende überschwemmten. „Auf den Covern wurden immer nur Schauspieler gezeigt, die in Nazi-Rollen zu sehen waren, selbst wenn der Hauptdarsteller ein Gefangener war. Das Böse war offenbar verführerischer.“ (Der Tagesspiegel, 8 3.2000).

Am Ende hatte Uklanski 300 Videos in ganz Europa gesammelt und die Idee zu dem Projekt.

Indem er Bilder aus einem Kontext in einen anderen versetzte, illustriert Uklanski laut eigener Aussage das Verständnis der Menschen von Geschichte, welches für ihn mit Konformismus gleichbedeutend ist (aus einem Interview mit Dazed and Confused, August 2000). Die Ausstellung spiegelt die Art, wie wir Geschichte konsumieren, was Uklanski auf der Produktionsebene mit den sich in der Filmgeschichte abwechselnden Typen von Nazis plakativ darstellt – der Nazi sieht so aus, wie ihn sich der einzelne Regisseur in einer bestimmten Epoche vorstellt... Diese Unbeständigkeit der Darstellung geht hervor aus dem Wunsch, Geschichte für eigene Bedürfnisse zu assimilieren.

Die Ausstellung zeigt uns ein Potpourri verschiedener Nazitypen. Die Art der Präsentation schafft eine beunruhigende Gleichheit, und die Uniform funktioniert als Bindeglied und Symbol für den Faschismus. Diese verschiedenen Abbilder von Schauspielern in Naziuniformen reflektieren für Uklanski eine mediale Phantasie der Vergangenheit: „Ob es ein Propagandafilm oder eine Komödie ist, am Ende sind sie alle gleich. Einerseits haben wir einen Schauspieler, der in einem Film spielt, welcher sich detailgetreu an historischen Fakten orientiert, andererseits den italienischen Pornostar in Produktionen wie denen von Sergio Garrone. Am Ende ist ein Bild ein Bild, sei es nun komplex oder nicht. Die Art der Darstellung ist dieselbe.“ (Dazed and Confused, August 2000)

Der irritierte Betrachter ist Uklanskis Ziel: „Es hängt vom Betrachter ab, ob er das Image schön findet oder ob es ein schöner Schauder ist, der sich aus seinen Vorstellungen vom Bösen ergibt. Beides läuft vielleicht ohnehin auf dasselbe hinaus. Für mich war es wichtig, The Nazis schön aussehen zu lassen. Ich wollte kein Schwarzweiß von Gut und Böse, es sollte ein uneasy statement sein.“ (Der Tagesspiegel, 8.3.2000) Diese Schönheit der Inszenierung kommt auch einer Glorifizierung gleich.

Betrachtet man die abgebildeten Gesichter, werden schnell die Darsteller hinter ihren Rollen erkennbar, was bei dem Betrachter die provozierte Reaktion von Schrecken und Abneigung auf der einen und Vertrautheit, Sympathie, und dadurch Faszination auf der anderen Seite hervorruft. Dem Terror des NS-Regimes wird ein bekanntes und vielleicht auch sympathisches Gesicht verpaßt.

Viele sind auch fasziniert, wie gut die Bösen doch alle aussehen, denn „die Nazi-Uniform hat einen irritierenden Appeal, ... einen gewissen negativen Glamour bekommen, wurde zur Mode, zum Sexsymbol und sogar zum Fetisch.“ (Pressemitteilung der Photographers Gallery) Vielleicht auch deshalb haben sich viele Stars dazu hinreissen lassen, einmal in die Rolle des Oberbösewichts zu schlüpfen? Das Ausstellungsplakat mit Klaus Kinski in Uniform und Zigarette in der Hand wurde in Berlin über Nacht zum Kultobjekt und das meistgeklaute Plakat.

Die Idealisierung des Bösen wirkt schockierend und entlarvend zugleich. Die Inszenierung, die dämonischen Attribute und der vermeintlich „harte“ Blick lassen die Verbrecher zu Comicfiguren werden. Man kann diese Uniformen und Gesichter nicht mit dem verwechseln, was sie repräsentieren. Deutlich wird „die Formelhaftigkeit, mit der Hollywood ei n komplexes historisches, soziales und kriminelles Phänomen für den breiten Konsum vereinfacht hat, und Uklanskis Nazis öffnen die Augen für die banale und grausame Realität, die dahinter steht und die sich einfachen Antworten und Gesten immer entziehen wird.“ schreibt Philip Blom in der Berliner Zeitung.

Jedoch bleibt die Arbeit bei dem Betrachter selbst. Uklanski läßt uns allein mit den Bildern und scheint auf den mündigen Betrachter zu vertrauen. Doch das für viele entstehende Vakuum ist auch anders zu füllen: Was ist mit denjenigen, die dem oberflächlichen Reiz - den Uklanski forsiert - erliegen und die „der schöne Schauder des Bösen“ erwischt?

Wie sexy dürfen Nazis sein? titelte der „Spiegel Reporter“ im Februar 2000 und behauptet, das Interesse an der Ästhetik des Faschismus sei neu erwacht: Drei Spielfilme über Leni Riefenstahl, „Der gestohlene Gott“ von Hans Henny Jahnn auf der Berliner Volksbühne, eine Ausstellung von Arno Breker, Bands wie Rammstein. Das Böse hat Hochkonjunktur, „als wäre die Eindeutigkeit, die es in dieser Sache lange gegeben hat, verloren gegangen,“ sorgt sich das Magazin. Schwimmt Uklanski mit seiner Ausstellung auf dieser Welle mit?

Uklanski konfrontiert den Zuschauer in der Ausstellung auch mit der Frage: „Wie sexy sind die Nazis?“ und die Antwort geben uns die Fotos, nämlich sehr sexy: „Hollywood zeigt uns unsere Nazis so, wie wir sie lieben – dämonisch und faszinierend. Die machen den Film und ich kaufe die Karte.“ (Stern, März 2000). - Der Künstler hält dem Betrachter einen Spiegel vor.

Fasziniert uns das Böse? Oder fasziniert uns unsere Vorstellung vom Bösen? Der Fetisch Uniform, das Böse, das so schneidig angezogen daherkommt in Gestalt von mächtigen Mannern? Das drastischste Beispiel für die Fetischisierung der Uniform sind sicherlich die Exploitation-Filme, in denen sich immer wieder die Standardsituation findet - der Nazi, der in seiner Uniform und mit angezogenen Stiefeln sexuellen Verkehr hat. Ein anderer Fetisch ist das Abbild Adolf Hitlers über dem Bett korpulierender Paare oder der Striptease unter der Hakenkreuzfahne.

Die amerikanische Kulturwissenschaftlerin Susan Sontag behandelt in ihrem Essay „Faszinierender Faschismus“ (1974) ein Buch namens „SS-Insignien“, einen britischen Sammelband mit ca. 100 Farbfotos, in den 70er Jahren legal erhältlich. Das Titelblatt ziert eine SS-Armbinde mit einem großem Hakenkreuz. Es enthält Bilder von Uniformen und seiten weise Kragenspiegel, Ärmelstreifen, Erinnerungsabzeichen, Dienstauszeichnungen, Schulterstücke. „Mit dem Buch hält man das Brevier einer sexuellen Phantasie in der Hand. Denn Details erst geben der Phantasie ihre Intensität.“ erklärt Sontag. „Uniformen lösen bestimmte Fantasien aus. Sie verweisen auf Gemeinschaft, Ordnung, Identität; durch Rangabzeichen, Orden, Medaillen – Dinge, die erkennen lassen, wer der Träger ist und was er geleistet hat (...) Aber Uniformen sind nicht das gleiche wie Fotografien vo n Uniformen, die erotische Objekte sind, und Fotos von SS-Uniformen sind Elemente besonders starker und weitverbreiteter sexueller Phantasien. (...) SS-Uniformen waren elegant, gutgeschnitten, mit einem Anflug von Exzentrizität. Die nicht besonders gutgeschnittene amerikanische Armeeuniform wirkte dagegen langweilig.

Der Aufputz des Faschismus ist demnach sexualisiert worden. Die Erotisierung des Faschismus zieht sich sowohl durch die Literatur als auch durch den Film: „Nazi-Material zieht ein in das umfangreiche Repertoire der populären Ikonographie. Der Nazismus fasziniert auf eine Weise, die auf andere, von der Pop-Kultur in Beschlag genommenen Element e nicht zutrifft.“ resümiert Sontag.

Auch auf der sexuellen Ebene werden „viele Phantasien der Sex-Avantgarde symbolisch durch Kultzeichen des Nazismus ausgedrückt. Stiefel, Leder, Ketten, Eiserne Kreuze auf glänzenden Torsos und Hakenkreuze sind zusammen mit Fleischerhaken und schweren Motorrädern die geheimen und lukrativsten erotischen Utensilien geworden.“

Ebenso in vielen Filmen finden sich SM-Szenen mit dem Nazi als „kleinem Jungen“, den die Mutti schlägt. („Gestapos Last Orgy“ von Cesare Canevari, 1977).

Sontag erklärte „Kunst, die an die Themen faschistischer Ästhetik erinnert“, damals schon für „populär, und für die meisten Menschen bedeutet es nicht mehr als eine Variante von camp.“ - Uklanskis Ausstellung nimmt das Spiel mit der faschistischen Ästhetik wieder auf.

Während Susan Sontag den „sexy Nazi“ eher auf der ikonographischen Ebene findet, zeichnet Andrea Slane in „Sexy Nazis and Daddy’s Girls: Fascism and Sexuality in Film and Video since the 1970s“ (1997) das gesellschaftspolitische Umfeld, in dem die Sexualisierung der Nazis stattfand. Im 1. Weltkrieg verbreiteten französische Künstler und Journ alisten massiv, dass alle Deutschen homosexuell seien. Dagegen wehrten sich die Deutschen, dass alle anderen Absonderheiten sexuellen Verhaltens französische Spezialitäten seien. Im 2. Weltkrieg wurde diese Sexualisierung noch weiter getrieben, die Deutschen wurden nun mit Perversion allgemein in Verbingung gebracht. „Der deutsche Faschismus nimmt eine einzigartige Stellung in der Geschichte der Sexualität und der Politik ein, er ist ein gutes Beispiel für Sexualtheorien von politischem Verhalten und den rhetorischen Einsatz von Sexualität für politische Zwecke.“ sagt Slane. In vielen Filmen tauchen Nazis mit sexuellem „Fehlverhalten“ auf, so sind sie oft homosexuell und sadistisch.

In den 70er Jahren wurden die Nazis laut Slane „als Metaphern für sexuelle Vorlieben eingesetzt und der Nazismus das Resultat von sexuellen Ausschweifungen.“

Mit der pornographischen Literatur der 70er Jahre, Pornos und Low budget-Exploitationfilmen wie „Girls of the SS“ hält die Nazi-Metapher Einzug in einen Bereich der Populärkultur – was zuvor in vielen Darstellungen von Nazis latent angedeutet wurde, betont man jetzt, und die unterdrückende Autorität gilt als sexy. Filme mit der Aussage „Fasch ismus ist erotisch“ entstehen.

Die Ausstellung polarisiert - auf der einen Seite ist der Nazi ein künstlerisches Objekt. So ist für Susanne Leinemann von der „Welt“ die Ausstellung „der filmische Albtraum vom Nazi“ und erkennt die recyclten Männer der Ausstellung als Kunstfiguren, die nichts mit echter Geschichte und wahren historischen Personen zu tun haben. Uklanskis Männerreihe schärft für sie „de n Blick für Kitsch, Klischee und Erwartung“.

Für Ilona Lehnart von der „FAZ“ unternimmt Uklanski die Reinigung der Vexierbilder des Bösen von ihren kinematographischen Effekten. Für sie ist Uklanski ein Semiotiker, der Zeichen und Zeichenträger mit ihren konventionalisierten Bedeutungen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen möchte. Sie erkennt ganz richtig, dass Uklanski einem Irrtum unterliegt, wenn er meint, auch dekontextualisierte Zeichen würden zwangsläufig als inhaltsleeres Oberflächendekor gelesen.

Unser Blick wird durch die Dekontextualisierung für die Klischees geschärft, mit denen Hollywood spielt, wenn es darum geht, den Nazi darzustellen. Gleichzeitig kreiert dieser Vorgang ein Vakuum, und der Schaffung eines neuen Kontextes entzieht sich Uklanski, indem er die schiere Schönheit der Oberfläche propagiert.

So verschmilzt für die „TAZ“ die Galerie zum bunten, trashigen Kino-Nazi an sich, der nicht die Spur eines realistischen Rests trägt. Sie fragt:„Ein Sieg des Pop?“

Und Thea Herold weiß in der „Süddeutschen Zeitung“, der Betrachter kommt schnell auf den kommerziell orientierten Kontext, dem gemäß Filme vermarktet werden, mittels Plakaten, Videos, Werbung.

- Vielleicht weil die Ausstellung selbst im selben schrillen Gewand daher kommt und Uklanski Einzug in die Popart hält mittels Bildern, die er ausbeutet wie Andy Warhol Marilyn Monroe oder Mao Tse-tung benutzt hat?

Über „die Nazis“ erfährt der Besucher wenig, der in diese Ausstellung geht. Eher ist sie ein Sieg der Popkunst im Spiel mit dem Nationalsozialismus, wo sich heute viele gleichgesinnte Künstler tummeln, wie die britischen Künstlerbrüder Dinos und Jake Chapman mit ihrer „Hell“-Serie.

Ebenso ist die Ausstellung ihre eigene Negation. Die Menschen angenehm zu gruseln, bedeutet gleichzeitig, sie abzustumpfen und damit zugänglich zu machen, und auf diese Weise verortet Uklanski Nazi-Material wieder neu im Repertoire der populären Ikonographie, mit der sich Kunst machen läßt.